“Es braucht einen Neu-Anfang hier und es ist mein Wunsch, dass Steinheim und Klein-Auheim eins werden.” – Die Worte, die Pfarrer Lukasz Szafera in einem Redaktionsgespräch mit dem Regionalportal ‘s Blättsche wählt, sind wohlbedacht und zielführend. Wenngleich mit dem einen oder anderen Fragezeichen versehen, wenn es um die konkreten Gründe geht, weshalb der beliebte Seelsorger die Pfarrgruppe Stein-Auheim bereits nach fünfjähriger Tätigkeit wieder verlässt, um eine Stelle in Großen-Buseck im Dekanat Gießen anzutreten.
Die Arbeit vor Ort, aber auch die beabsichtigten Planungen rund um den “Pastoralen Weg” im Dekanat Seligenstadt sind immer wieder Thema in einem Gespräch, zu dem am Ende auch sein “Übergangs-Nachfolger” Dekan Dieter Bockholt hinzu kommt. Im Gespräch mit Redakteur Bernhard Koch wird Szafera konkret, soweit es die Situation erlaubt, nicht alles ist allerdings für die Öffentlichkeit bestimmt.
“Der Pastorale Weg kommt unauffällig, wir brauchen allerdings konkrete Konzepte. Gerade hier sollten erst einmal die drei Gemeinden St. Johann Baptist und St. Nikolaus Steinheim sowie St. Peter und Paul Klein-Auheim zusammen wachsen.” äußert sich der Seelsorger, der 2016 von Rüsselsheim ins Dekanat Seligenstadt wechselte, um aus Steinheim und Klein-Auheim ein “Stein-Auheim” werden zu lassen.
“Steinheim und Klein-Auheim gehören zu Hanau, die müssen erstmal für sich zusammenwachsen, bevor eine größere Einheit darüber gestülpt wird.” Die Aussage macht deutlich, was sowohl pastoral als auch pädagogisch notwendig ist und zwischen den Zeilen bestätigt sich das, was in Insiderkreisen seit vielen Jahren kursiert: Die Kommunikation innerhalb der Kirche muss besser werden.
Oft habe er sich gewundert, dass die Menschen in den Gemeinden von dem Projekt “Pastoraler Weg” wenig oder gar nichts wussten. Und nachdem nun mit einem hauchdünnen Votum von 28:27 Stimmen in der Dekanatsversammlung die Variante mit einer Einheit für zehn Gemeinden gegen zwei Einheiten die Oberhand behielt, war für Lukasz Szafera die endgültige Entscheidung gefallen, dass er den Mainzer Bischof um seine Versetzung bittet. Viel lieber hätte er noch mit etwas Ruhe am Zusammenwachsen der drei Hanauer Stadtteilgemeinden gefeilt.
Lukasz Szafera wäre nicht Lukasz Szafera wie ihn die Menschen hierzulande kennengelernt haben, wenn er nicht auch in dieser Phase das Positive herauszustreichen versucht. “Es ist vielleicht positiv, dass durch meinen Weggang Dekan Bockholt als “Außenstehender” die Pfarradministration übernimmt und anschließend ein neuer Pfarrer in den drei Gemeinden weiterarbeitet. Vielleicht gelingt so eine “Rettung” von Mainz zu zwei kleineren Einheiten zwischen Zellhausen und Steinheim.
Die “leitenden Priester” der Zukunft müssen neu lernen, Gemeinden miteinander zu verbinden, neue Konzepte sind notwendig. Natürlich auch Offenheit, Kommunikation und die Akzeptanz ehrenamtlicher Mitarbeiter.
Spaß gemacht hat Lukasz Szafera die Arbeit in den fünf Jahren hier in Steinheim und Klein-Auheim allemal, auch wenn es mitunter nicht einfach war, die Meinungen aus allen drei Gemeinden miteinander auf eine gemeinsam Linie zu führen. “Man merkt schon, ob man in Klein-Auheim, in St. Nikolaus oder in St. Johann ist”, merkt der 47-jährige Priester an, dessen “Zeit für die Seelsorge bei 60 bis 70 Prozent lag”, während ihm viele hilfsreiche ehrenamtliche Kräfte Zeit für die Verwaltung abnahmen. Letztendlich ist allerdings der Pfarrer für die Gesamtleitung verantwortlich.
Nach dem Weggang von Patrick Sahm, dem Geschäftsträger für die katholischen Kindergärten im Dekanat, liegt künftig wieder mehr Arbeit bei den Verwaltungsräten in den Gemeinden und somit, weil der Pfarrer kraft Amtes diesem Gremium angehört, auch bei den Priestern.
Auf die Frage unseres Redakteurs, wann die Arbeit für ihn schwierig geworden ist, äußert sich Pfarrer Szafera ebenso klar wie im gesamten Gespräch, auch vertrauend darauf, dass nicht alles in der Öffentlichkeit breit getreten werden muss. Er habe viele Missverständnisse in der Sprache erlebt: “Oft habe ich einiges anders wahrgenommen als es eigentlich gemeint war. Die Menschen hier haben eine gewisse Emotionalität, die ich nicht gewohnt war. So habe ich mir viel zu Herzen genommen, was vielleicht gar nicht so negativ gemeint war.”
Und weiter: “Eigentlich war es mein Wunsch, dass Steinheim und Klein-Auheim eins werden, das ist mir in den fünf Jahren leider nicht gelungen.”
Privat hätte sich Lukasz Szafera “mehr Ordnung gewünscht”, was andererseits vielleicht auch deutlich macht, dass es viel zu viele Dinge sind, die einem Pfarrer heutzutage aufgebürdet werden. So ist er fast traurig, dass er nicht alle Termine für die Dekanatsjugendseelsorge wahrnehmen konnte. “Klar, wenn ich gerade einen Gottesdienst habe, kann ich nicht zu einer Jugendsitzung kommen.”
Aber wie so oft: Das Gute überwiegt und wird künftig wahrscheinlich in Erinnerung bleiben. “Es ist mir gelungen, viele Menschen zu gewinnen, die helfen wollen. Leute auf den Weg zu bringen und Traditionen weiter zu entwickeln. Ich wundere mich immer, wer mich alles kennt und wer auf mich in sozialen Netzwerken positiv reagiert.”
Das zeigt übrigens auch die Akzeptanz eines Menschen, der sich Online-Präsenz als wichtiges Element in den Gemeinden auf die Fahne geschrieben hat, der den Umgang mit sozialen Medien in der Pfarrgruppe weiterentwickelt hat.
Und das lag freilich nicht nur an seinem Account “Hirte3” auf Instagram oder an Facebook, das wird auch deutlich in einem, was in seiner Zeit entstanden ist: Eine gemeinsame Internetseite aller drei Gemeinden für “Stein-Auheim” , entwickelt mit einigen ehrenamtlichen Mitarbeitern. Was Kirche in Zukunft allerdings “am meisten braucht, das sind persönliche Kontakte”. Denn ohne die, werden auch soziale Medien ad absurdum geführt.
Persönliche Kontakte, auch wenn es manchmal schwer ist, auf einen Nenner zu kommen innerhalb von drei Gemeinden, weil dominierende Kräfte ihre Standpunkte deutlich machen und schon mal der immerwährende Satz fällt: “Das war aber doch schon immer so!”
Der Neu-Anfang mit einer viermonatigen Übergangszeit wird’s deutlich machen, wird aufzeigen, in welche Richtung sich das kirchliche Leben in Stein-Auheim weiterentwickelt. Wie geht’s personell konkret weiter?
Ab 1. Oktober ist Dekan Dieter Bockholt Pfarradministrator in Stein-Auheim, ab 1. Februar 2022 wird Pfarrer Wolfram Schmidt als Pfarradministrator übernehmen.
Für die Pfarrgruppe Stein-Auheim ist wie bisher weiterhin Pfarrer Hermann Differenz als Pfarrvikar tätig. Als Gemeindereferenten hauptamtlich tätig Inge Stöckel und Karola Emge-Kratz. Im Pfarreienverbund Steinheim/Klein-Auheim war seither Diakon Rupert Schnell tätig. Nunmehr ist sein Dienstsitz das Dekanatsbüro in Hainstadt, Dienstvorgesetzter ist Dekan Dieter Bockholt.
Neu im Pfarrbüro von St. Nikolaus ist Birgit Maikranz aus Hainstadt, die seit vielen Jahren im Dekanatsbüro in Hainstadt tätig war. In St. Johann Baptist hat bereits seit längerer Zeit Nicole Doits das Amt der Pfarrsekretärin übernommen, in Klein-Auheim St. Peter und Paul wird Maria Dehmer ab 1. Oktober das Pfarrbüro leiten.
** Zum Schluss noch einige Satzanfänge, die Pfarrer Szafera beenden durfte: **
Pfarrer sein bedeutet für mich, “gläubig zu sein, menschlich und offen für verschiedene Ideen der Mitmenschen”.
Mein schönstes Erlebnis in Steinheim: “Die Auftritte bei der CCSW-Fastnacht.”
Mein schönstes Erlebnis in Klein-Auheim: “Das Kennenlernen der neuen evangelischen Pfarrerin Huppers.”
Der Pastorale Weg im Dekanat Seligenstadt: “Ich wünsche allen viel Glück.”
An diese Gottesdienste erinnere ich mich ganz besonderes: “Meine Einführung 2016. Den Kreuzwallfahrts-Gottesdienst mit dem Mainzer Bischof Kohlgraf. Die letzte Osternacht in Sankt Niklaus Steinheim.”
Die Arbeit des Dekanatsjugendseelsorgers war für mich etwas, “was mir viel Spaß bereitet hat, aber auch eine Herausforderung wegen fehlender Zeit”.
Am meisten überrascht hat mich nach meiner Ankündigung Stein-Auheim zu verlassen “nichts, weil ich mit vielen Reaktionen gerechnet habe”.
Die Kirche muss “sich reformieren”, um neue Priester zu bekommen.
Jetzt freue ich mich am meisten auf “die ländliche Gegend”.
MEINUNG: “Mit meinen Augen gesehen”
Es war – für kirchliche Kreise – nahezu revolutionär, was sich da Ende 2019 im Onlinedienst Instagram entwickelte. “Hirte3” ging mit seinem Account online und es schien, als solle man jetzt mehr erfahren aus dem kirchlichen Leben. Zumindest diejenigen, die nicht zu den regelmäßigen Gottesdienstbesuchern zählen und eher mal online schauen, was sich da tut. Auch auf Facebook war “der Pfarrer” vertreten und kam so in Kontakt mit Menschen, die er sonst nie hätte kennengelernt.
In der WhatsApp-Gruppe “Gottesdienst online” trafen sich eher seine “Schäfchen”, aber auf YouTube feierten Hunderte in Pandemiezeiten die Online-Gottesdienst mit ihrem Pfarrer, der auch mal von seinen Urlauben und Wanderungen rund um Steinheim berichtete.
Es waren Ansätze, die übliche Gemeindearbeit nach außen zu öffnen, einmal zu erfahren, was sich in der Kirche so tut. In einer Kirche, die in den vergangenen 20 Jahren viele Mitglieder verloren hat, die nun mit dem “Projekt Pastoraler Weg” bis 2030 neue Strukturen schaffen will. Strukturen, die ansatzweise noch Anfang des Jahrtausends (wie manch anderes) noch nicht für nötig erachtet wurden.
“Wir haben ja unseren Pfarrer, was interessieren uns andere”, war da häufig zu vernehmen. Doch auch im einstigen “Katholischen Mistbeet”, wie das Dekanat Seligenstadt wegen der vielen aus ihm hervorgegangenen Priester und kirchlichen Mitarbeiter früher in Mainz genannt wurde, verdorrte manche Saat. Letztlich auch, weil Kommunikation und Miteinander immer kleiner geschrieben wurde. Nicht überall, wohlgemerkt.
Lukasz Szafera hat vieles bewegt, auch wenn nicht alles nach außen sichtbar ist, doch leichte Resignation ist ihm anzumerken. Es ist in fünf Jahren seines Wirkens eben nicht möglich, das zu einen, was über Jahrzehnte versäumt wurde.
Und so richten sich die Augen jetzt auf Dekan Dieter Bockholt und Pfarrer Wolfram Schmidt, die als “Außenstehende” eine Einheit formen sollen, die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter im Boot sitzend. Es wird auf die Kommunikation und Offenheit ankommen, um möglichst viele weiter oder neu zu beGEISTern, gemeinsam Sache zu machen auf allen Ebenen und dennoch das Individuelle zuzulassen und zu fördern. Der “Pastorale Weg” kann dazu helfen, wenn er nicht nur besprochen, sondern auch gelebt wird. Vielleicht sind dann auch die wieder mit dabei, die “sprachlos und sauer” waren, als sie (durch Zufall) vom Weggang von Lukasz Szafera erfuhren.
beko