Freitag, 26. April 2024
's BlättscheLokales"Nicht nur Ideologie, sondern auch den Menschen sehen"

“Nicht nur Ideologie, sondern auch den Menschen sehen”

Mehr als 50 Klein-Auheimer lassen beim Ortsbeirat Dampf ab

So, wie war das nun mit den Schlagwörtern “zunehmende Rücksichtslosigkeit”, “gegenseitige Rücksichtnahme”, “mehr Kontrollen” oder “geltendes Recht”, die beim Besuch Klein-Auheimer Bürger in der Ortsbeirats-Sitzung gefallen sind? Wie berichtet, tagte der Ortsbeirat und Ortsvorsteher Sascha Feldes stand den mehr als 50 Besuchern in einem inoffiziellen Teil nach der Sitzung zu, sich zu äußern über die aktuelle Verkehrs-Situation im Stadtteil, – nachdem das Mobilitätsleitbild durch die Stadtverordnetenversammlung einstimmig beschlossen -, Zug um Zug umgesetzt wird. An der Landesstraße, die durch den Stadtteil Klein-Auheim führt, entstanden Parkflächen, dadurch aber auch neue “Rennstrecken”, wie es Bürger lautstark formulierten. ‘s Blättsche verfolgte die teils hitzige Aussprache aufmerksam und veröffentlicht nachfolgend Auszüge aus den Äußerungen der Besucher.

Den ersten Applaus gab’s für Dr. Andreas Nickel

Den ersten lang anhaltenden Applaus während der rund einstündigen Aussprache erhielt der Klein-Auheimer Arzt Andreas Nickel, dem vor seinem Haus der Behinderten-Parkplatz weggefräst wurde. Laut neuem Lageplan soll er dieser Tage schräg gegenüber liegend eingezeichnet werden. Auch gehbehinderte Patienten oder solche mit Rollator müssen dann, auch um nur ein Rezept abzuholen, erst über den Zebrastreifen laufen. Keine Extrem-Situation im Vergleich zu Städten, aber es macht deutlich, wie Verantwortliche beim Erstellen der Pläne mitdenken. Nickel bringt das auf den Punkt: “Man sollte mal beginnen, nicht nur die Ideologie*, sondern auch die Menschen zu sehen!” (*politische Theorie, in der Ideen der Erreichung politischer und wirtschaftlicher Ziele dienen).

Auch an manch anderen Punkten ist festzustellen, dass sich Verantwortliche wohl kaum die Mühe gemacht haben, sich über die konkrete Situation vor Ort intensiv zu informieren. Beispiel ist auch die Anregung, “beim Blumenladen Glück einfach mal im Hof zu parken”, unwissend, dass dort ursprünglich eine Schwelle eingebaut wurde für eine behinderte Person. Die Inhaberin an dem Abend: “Reinfahren könnten die Autofahrer, aber sie kämen nicht mehr heraus.”

Weitere solcher Beispiele lassen wir zunächst einmal weg. Dass sich ein Anwohner im Bereich der 40er Hausnummern an der Seligenstädter Straße vornimmt, die “falsch geplante Parkfläche” vor der Tür zur Straße verändern zu lassen, indem er “einfach morgen mal mit dem Arbeiter vor Ort spricht”, erteilt Ortsvorsteher Sascha Feldes eine klare Absage. “Das notieren wir und leiten es an die Stadt weiter.”

Neun wichtige Punkte hat sich Feldes bis zum Schluss notiert und ‘s Blättsche wird berichten, was aus den Eingaben geworden ist.

So beispielsweise auch der Vorschlag, mehr Kontrollen einzuführen, weil die Geschwindigkeit nun enorm zugenommen hat. Auch an Blitzanlagen haben Anwohner gedacht. In Hainstadt und anderen Kommunen sei das ja auch möglich.

Weitere Ideen: Beim Thema Pflegedienste soll eine Sonderparkgenehmigung geprüft werden. Wie ist die Rechtslage, wenn ein Handwerker Halteverbot beantragt hat für eine Auftragsarbeit? Werden dann die Fahrzeuge, die das Halteverbot blockieren abgeschleppt?

Ganz problematisch der Weg für Schulkinder von der Brüder-Bauer-Straße zur Grundschule. Der Zebrastreifen steht auf der Prioritätenliste, aber diese ist sehr lang. die berechtigte Frage: “Muss erst etwas passieren?”

Wir können nicht hexen, nur Vorschläge machen

Ortsbeiratsmitglied Christoph Hieb

Vor dem Gasthaus “Zum Anker” wurden die Parkplätze von sechs auf drei reduziert, gegenüber gibt es keine Parkmöglichkeit, aber auch hier habe “die Stadt nach geltendem Recht gehandelt”. Feldes spricht gar von einer “Retourkutsche, weil in den letzten fünf Jahren keiner reagiert hat” auf die konkrete Parksituation und vor allem: “weil die gegenseitige Rücksichtnahme fehle”. Ortsbeiratsmitglied Diego Stancato bringt es auf den Punkt: “Wenn das so bleibt, stirbt die Gastronomie im Ort aus.”

Das trifft aber auch auf den einzigen Metzger, den Bäcker, die Raumausstattungs-Firma, den Blumenladen und den Arzt zu. Ortsbeiratsmitglied Christoph Hieb: “Wir können nicht hexen, nur Vorschläge machen!”

Vorschläge wie beispielsweise jenen, wegen der Sicherheit der Fußgänger am Beginn der Geleitstraße Pfosten auf dem Gehweg zu installieren, die allerdings beim Einsatz der Feuerwehr ebenso hinderlich sind wie so manche Parksituation an der Mainzer Straße, der Seligenstädter Straße, der Schönfelder Straße oder der Feldstraße. Ein Feuerwehrmann: “Wird sich das ändern, wenn es mal bei einem der Planer des Parkraumkonzeptes brennt und die Feuerwehr nicht durchkommt?”

Und immer wieder: Gegenseitige Rücksichtnahme!

Auch die Unsitte, mit Firmenwagen oder eigenen kleinen und größeren Fahrzeugen Parkflächen tagsüber permanent zu belegen, solle künftig verstärkter beobachtet und notfalls sanktioniert werden.

Und wieder erinnert Ortsvorsteher Feldes an die “zunehmende Rücksichtslosigkeit und fehlende gegenseitige Rücksichtnahme”. Selbstkritik gab es auch an diesem Abend: “Jetzt jammern einige, die eigentlich Veränderungen wollten, darüber dass es so gemacht wird wie es ist”.

Ein Gutes hat die neue Situation, das wird auch festgehalten: Etliche Auheimer haben ihre Garagen entrümpelt, nutzen diese jetzt – wie es sein sollte – als Parkraum oder fahren in die Hofeinfahrten. Es gibt tatsächlich (wenige) Stunden mit freien Parkflächen auf der Durchgangsstraße Klein-Auheims, die in das Hoheitsgebiet des Landes fällt.

Ein Blick in die Seitenstraßen Klein-Auheims. Dort wird das Gehwegparken (noch) geduldet, weil sich die meisten Autofahrer daran halten, auf den Gehwegen genügend Platz zu lassen, damit auch ein Kinderwagen oder Rollator durchpasst. Sollte das nicht mehr der Fall sein, dann wird es auch dort neue Regelungen geben. Die Klein-Auheimer wissen also Bescheid: Gegenseitig Rücksicht nehmen und an die “schwachen Verkehrsteilnehmer” denken. Das, was früher gang und gäbe war, heute bei so manchen offenbar in Vergessenheit geraten ist…

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Mit meinen Augen gesehen
Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist…
Es ist wie’s ist. Die Stadt hat entschieden, im entscheidenden Moment den Ortsbeirat nicht einbezogen, ist ja nur Klein-Auheim.
Grundsätzlich sind einige Ideen nicht schlecht, die da gerade für das Parkraumkonzept umgesetzt werden.
Aber der Vorwurf, die Bürger seien nicht mitgenommen worden, ist – offiziell und faktisch zumindest – falsch, gilt vielleicht für den zweiten und endgültigen Teil der Umsetzung.
Dass die Verkehrs-Situation seit vielen Jahren schon Thema ist, wussten alle, und die meisten haben das verdrängt oder gar nicht damit gerechnet, dass es mal so schnell umgesetzt wird. Kaum jemand hat sich im Vorfeld – und damit sind nicht die vergangenen Tage gemeint – geäußert, hat kommentiert. In Facebook, dem neuen Stammtisch, ja, aber dort sorgt schon der Algorithmus dafür, dass nicht jeder alles sehen kann.
Die Kommentare im ‘s Blättsche, die Leserbriefe in den Tageszeitungen waren allemal überschaubar. Das Interesse war gering.
Jetzt ist die neue Realität geschaffen und es wird (fast) all das umgesetzt, was geplant war – auch in Klanaam. Bildlich gesprochen: Das Kind ist sozusagen in den Brunnen gefallen und es wird nahezu unmöglich sein, es dort wieder herauszuholen.
Es sei denn, die Rennstrecke bleibt bestehen, es wird nicht kontrolliert und es passiert was…

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