Freitag, 26. April 2024
's BlättscheGeschichteGremien in Hanau und Main-Kinzig-Kreis beraten Grenzänderungsvertrag

Gremien in Hanau und Main-Kinzig-Kreis beraten Grenzänderungsvertrag

Nächste Schritte zur gleichberechtigten Partnerschaft

In den kommenden Wochen wird es in dem Verfahren zur Kreisfreiheit der Brüder-Grimm-Stadt Hanau in entscheidender Weise weiter vorangehen. Der Entwurf des „Grenzänderungsvertrages“ für die Neuordnung wird mit allen Anlagen in die politischen Gremien des Main-Kinzig-Kreises und der Stadt Hanau zur Beratung und Beschlussfassung eingebracht.

“Damit sorgen wir für Transparenz und schaffen die verwaltungsrechtlichen Voraussetzungen für die nachfolgenden Schritte auf Landesebene”, erläutern Landrat Thorsten Stolz und Oberbürgermeister Claus Kaminsky in einer gemeinsamen Pressemitteilung.

Die Hessische Landesregierung hatte bereits im Mai 2020 mit einer entsprechenden Änderung der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) die formalen Möglichkeiten für diese Gebiets- und Verwaltungsreform geschaffen. Im Paragraf 4a ist jetzt grundsätzlich geregelt, dass “weitere Städte mit mehr als 100.000 Einwohnern auf Antrag durch Gesetz zur kreisfreien Stadt erklärt werden können”. Ausschließlich für die Stadt Hanau erfolgte in § 149 HGO sogar noch eine Sonderregelung, die es auch bei weniger als 100.000 Einwohnern ermöglicht, einen Antrag auf Kreisfreiheit zustellen. Daher standen die Vertreter der Stadt Hanau und des Main-Kinzig-Kreises in den vergangenen Monaten im engen Austausch mit dem Regierungspräsidium Darmstadt und dem Hessischen Innenministerium, wo das Verfahren begleitet und geprüft wird.

“Die Arbeitsgruppen der Verwaltungen sowie die Verhandlungskommission haben in den vergangenen Monaten die letzten offenen Punkte gemeinsam geklärt und die Beschlussvorlagen sorgfältig vorbereitet”, danken Oberbürgermeister Claus Kaminsky und Landrat Thorsten Stolz allen beteiligten Personen. Es sei in überzeugender Weise gelungen, in diesem sensiblen und komplexen Vorgang die erforderliche Klarheit und Verbindlichkeit zu schaffen. Das vorliegende Ergebnis mache deutlich, was zwei gleichberechtigte Partner im konstruktiven Dialog erreichen können.

Weiterer Zeitplan verbindlich festgelegt
Insgesamt 27 Seiten umfasst der “öffentlich-rechtliche Vertrag über die Rechtsfolgen und die Auseinandersetzung der Ausgliederung der Stadt Hanau aus dem Main-Kinzig-Kreis”.  Ergänzt wird der “Grenzänderungsvertrag” mit 13 Anlagen, die auf rund 70 Seiten notwendige Einzelheiten von der Abfallwirtschaft bis zum Zukunftsfonds konkret beschreiben. Alle Unterlagen sind inzwischen frei zugänglich und werden in den kommenden Wochen in öffentlichen Sitzungen behandelt.
In Hanau wird sich am 27. April der Ausschuss für Frauen, Jugend, Soziales und Integration mit dem Thema befassen, eine Woche später auch der Haupt- und Finanzausschuss. Am 15. Mai wird dann die Hanauer Stadtverordnetenversammlung über den Vertrag beschließen. Der Kreistag wird die komplette Vorlage am 28. April erstmals auf der Tagesordnung haben. Nach den Beratungen in zwei Sondersitzungen des Haupt- und Finanzausschusses soll dann am 14. Juli die finale Abstimmung stattfinden. In diesen Tagen waren bereits der Kreisausschuss und der Magistrat offiziell eingebunden. Der Magistrat hat in seiner heutigen Sitzung dem Grenzänderungsvertrag zugestimmt.

Der Main-Kinzig-Kreis hat zudem seine Beschäftigten auf einer Dienstversammlung über den Sachstand informiert. Die Mitarbeitenden der Stadt werden regelmäßig im Intranet zu den aktuellen Entwicklungen auf dem Laufenden gehalten.

“Der Vertrag beschreibt nicht nur die formalen und rechtlichen Schritte, sondern er ist auch der Ausdruck einer neuen Form des partnerschaftlichen Miteinanders zum Wohl der hier lebenden Menschen”, betont Landrat Thorsten Stolz. Zudem werde damit ausdrücklich festgeschrieben, dass die Auskreisung der Stadt Hanau nicht zum Nachteil der anderen 28 Städte und Gemeinden erfolgt. Das gemeinsame Ziel sei vielmehr, die Wirtschaftskraft, das Leistungsvermögen und die Attraktivität der gesamten Region nachhaltig zu entwickeln.

Auch der Hanauer Oberbürgermeister blickt mit großer Zuversicht nach vorn: “Wo die Stadt Hanau und der Main-Kinzig-Kreis sich künftig gegenseitig unterstützen und in gemeinsamer Sache auftreten können, werden wir das tun”. Die erzielte Einigung in diesem bislang beispiellosen Prozess sei für ihn auch “das klare Bekenntnis, weiterhin zusammen für die Region einzutreten”. Ein neues Instrument in diesem Sinne sei der vereinbarte Zukunftsfonds, der in den kommenden Jahren wegweisende Projekte fördern und finanzieren soll.

Im Vordergrund stehen dabei die Förderung der Transformation der Wirtschafts- und Arbeitswelt, Investitionen in erneuerbare Energien sowie weitere Maßnahmen im Sinne des Klimaschutzes und der Nachhaltigkeit.

“Der angekündigte Zeitplan und die enge Abstimmung der weiteren Schritte sind ein klares Signal, dass die Neuordnung nun bald Realität wird”, blicken Oberbürgermeister Claus Kaminsky und Landrat Thorsten Stolz voraus. Auch wenn auf diesem Weg noch einige Aufgaben zu erledigen sind und der Abstimmungsprozess noch nicht im Detail abgeschlossen ist, so ist das gemeinsame Ziel klar definiert. Darüber hinaus könne schon jetzt übereinstimmend bilanziert werden, dass sich die konzentrierte und vertrauensvolle Arbeit gelohnt habe.
 
Weitere Informationen

Gemeinsamer Entwurf des Grenzänderungsvertrag zwischen dem Main-Kinzig-Kreis und der Brüder-Grimm-Stadt Hanau
Kurzfassung der wesentlichen Punkte
Der “Grenzänderungsvertrag” ist die wesentliche Voraussetzung für die zum 1.1.2026 geplante Entlassung der Brüder-Grimm-Stadt aus dem Main-Kinzig-Kreis in die Kreisfreiheit. Er regelt die Verteilung der bisher gemeinsam oder allein vom Kreis für die Stadt erledigten Aufgaben auf die einzelnen Gebietskörperschaften. Zudem regelt er die sich daraus ergebenden Personalaufteilungen und die Finanzfragen, die aus der bisherigen Kreisangehörigkeit der Stadt und der notwendigen Entflechtung der bisherigen Beziehungen folgen.
Hier die wesentlichen Punkte und Ergebnisse des Vertrages, der von einer gemeinsamen Kommission aus Vertretungen der politischen Gremien und der Verwaltungen von Stadt und Kreis erarbeitet wurde (einzelne Punkte werden in Anlagen zusätzlich detailliert geregelt):
 

Abfallwirtschaft / Aufgaben

Der Main-Kinzig-Kreis übernimmt ab dem Auskreisungstag die Entsorgung und Verwertung von Rest- und Sperrmüll aus der Stadt Hanau bis zum voraussichtlichen Ende des bisherigen Entsorgungsvertrages des Kreises im Mai 2030.
Außerdem übernimmt der Kreis – teilweise befristet – die Entsorgung und Verwertung diverser weitere Abfallarten, z.B. Bioabfälle, Papier, Bauschutt und Erdaushub von der Stadt Hanau.
 

Abfallwirtschaft / Deponie

Die Stadt Hanau ist verpflichtet, sich an den Stilllegungs- und Nachsorgekosten der gemeinsamen ehemaligen Mülldeponien zu beteiligen (mit 42,99% an den Restmülldeponien und 15,37% an der Erd- und Bauschuttdeponie). Dies gilt ebenso für die nachsorgenahen Kosten der Infrastruktur mit einem jährlichen Betrag in Höhe von 1,1 Mio.€, der ab 2030 zahlbar ist.
 
 Gesundheitswesen

Hessenkasse

Die Stadt Hanau erstattet dem Main-Kinzig-Kreis für das Jahr 2026 einen Anteil an den Beiträgen zum Sondervermögen “Hessenkannst” in Höhe von 575.190 Euro.
 
 Nebenkosten

Die Stadt Hanau beteiligt sich zu 50% an den Beratungskosten, die dem Main-Kinzig-Kreis im Rahmen des Grenzänderungsvertrages angefallen sind, zum Beispiel die Kosten für Rechtsgutachten. Die zu zahlende Summe beläuft sich zum aktuellen Zeitpunkt auf ca. 380.000 €, diese kann sich im Zuge des weiteren Prozesses aber noch etwas erhöhen.
 
 Pensionen

Die Stadt Hanau erkennt Pensionsverpflichtungen für ehemalige Beamtinnen und Beamte an, die beim Kreis Aufgaben für die Stadt Hanau erledigt haben. Diese Verpflichtung wird mit einem Pauschalbetrag abgegolten. Die Zahlung von der Stadt an den Kreis wird in zehn jährlichen Raten à 780.000 € ab der Auskreisung fällig.
 
 Personal

Beamtinnen und Beamte des Main-Kinzig-Kreises, deren Tätigkeitsfeld von der Stadt Hanau übernommen wird, können ihr Beamtenverhältnis auf eigenen Wunsch bei der Stadt Hanau fortsetzen. Gleiches gilt für die Tarifbeschäftigten des Kreises, deren Tätigkeitsfeld künftig zur Stadt Hanau wechselt. Es gilt hier ausschließlich das Prinzip der Freiwilligkeit.
Beim Wechsel von Personal wird der Besitzstand der Beschäftigten gewahrt und die bisherige Beschäftigungsdauer beim Kreis auf den neuen Vertrag bei der Stadt angerechnet.
Ein gegenseitiges Abwerben von Personal wird auf die Dauer von zwei Jahren ab dem Auskreisungsstichtag ausgeschlossen.
Für einen Personalüberhang, der möglicherweise beim Main-Kinzig-Kreis entsteht, erstattet die Stadt Hanau dem Main-Kinzig-Kreis die Personalkosten mittels pauschalisierter Zahlungen in 2026 und 2027. Die Höhe der Zahlungen ist an die Wechselquote, wieviel Mitarbeiter wechseln tatsächlich zur Stadt Hanau, gekoppelt.
Bei einer Wechselquote zwischen 50% und 60% betragen die Zahlungen beispielsweise in Summe 4,5 Mio. Euro.
Für den im Zusammenhang mit dem Personalübergang erforderlichen Aufwand des Main-Kinzig-Kreises für Maßnahmen zur Reorganisation und Neuqualifizierung zahlt die Stadt Hanau folgende pauschale Ausgleiche:   
2026  1,5 Mio. Euro
2027  1,3 Mio. Euro
2028  1,0 Mio. Euro
 
Personal KCA

Für die Beschäftigten des Kommunalen Centers für Arbeit gelten im Grundsatz die Regelungen wie für das übrige Personal. Dies gilt auch für Pensionsverpflichtungen und andere Ansprüche der Beschäftigten. Die Stadt Hanau wird künftig die Betreuung der Erwerbslosen und Arbeitssuchenden gemeinsam mit der Agentur für Arbeit des Bundes realisieren. Dazu wird ein “Haus des Erwerbslebens” errichtet, in dem alle Maßnahmen und Stellen rund um das Erwerbsleben gebündelt werden. Diese zentrale Anlaufstelle wird am Hauptbahnhof in Kooperation mit der dort befindlichen Agentur für Arbeit realisiert.
 
Rettungsdienst

Die Stadt Hanau und der Main-Kinzig-Kreis bilden einen gemeinsamen Rettungsdienstbezirk und betreiben eine gemeinsame Leitstelle.
 
Straßen

Die dem Kreis gehörenden Straßen und Radwege auf dem Gebiet der Stadt Hanau werden vom Kreis zum Stichtag der Auskreisung an die Stadt Hanau übergeben. Bis dahin trägt der Kreis die Kosten für die Unterhaltung der Straßen, soweit diese nicht ohnehin bereits der Stadt obliegen.
Der Kreis zahlt der Stadt Hanau auf Basis entsprechender Bundesregelungen einmalig 450.000 € für die Ablösung der Unterhaltspflicht.
 
Straßen / Limesbrücke

Übergeben wird der Stadt Hanau auch die Limesbrücke im Hanauer Stadtteil Klein-Auheim. Die Straßenbaulast liegt damit zukünftig in der Hand der Stadt Hanau. Der Main-Kinzig-Kreis zahlt für die zukünftig notwendigen Instandsetzungsarbeiten der Stadt Hanau einmalig einen Betrag in Höhe von 2,2 Mio. € und wird sich künftig mit 50,2 % an den notwendigen jährlichen Unterhaltungskosten beteiligen.
 
Vermittlungsausschuss

Für eventuelle Streitfälle, die sich aus der Umsetzung des Vertrages ergeben, wird ein Vermittlungsausschuss gebildet. Ihm gehören der Oberbürgermeister und der Landrat oder je ein hauptamtliches Mitglied von Kreisausschuss und Magistrat, sowie ein Vertreter oder eine Vertreterin des Hessischen Landkreistages und des Hessischen Städtetages an.
Zielsetzung des Ausschusses ist es, bei Streitigkeiten interessengerechte und faire Lösungen zu erarbeiten.
 
Vermögen

Soweit im Grenzänderungsvertrag  nicht anders geregelt, gibt es keine Übertragung von aktiven und passiven Vermögenswerten von einer Gebietskörperschaft zur anderen. Das gilt zum Beispiel für die Beteiligungen an der Sparkasse Hanau, die Mitgliedschaft in Zweckverbänden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts, in Vereinen und Verbänden sowie die damit verbundenen Rechte und Pflichten. Es gibt keine Übertragungen von Schuldverhältnissen gegenüber Dritten oder Zahlungsverpflichtungen, die gegenüber Dritten bestehen.
 
Zukunftsfonds

Unmittelbar nach Abschluss des Grenzänderungsvertrag werden die Stadt Hanau und der Main-Kinzig-Kreis Maßnahmen unternehmen, um eine geeignete Organisation, z. B. Stiftung, zu errichten, die gemeinsame Zukunftsprojekte im Bereich “Erneuerbare Energien/Klimaschutz” und “Transformation der Wirtschafts- und Arbeitswelt” fördert. Denkbar sind in diesem Rahmen auch Anschubfinanzierungen für entsprechende Start-Up-Unternehmen. Zur Finanzierung des Zukunftsfonds stellen der Main-Kinzig-Kreis und die Stadt Hanau ab dem Jahr 2026 jeweils jährlich 1 Mio. Euro aus dem Haushalt zur Verfügung. 
 
Zulassungsstelle

Die Stadt Hanau gestattet dem Main-Kinzig-Kreis im Interesse einer bürgernahen Versorgung weiterhin den Betrieb einer Kfz-Zulassungsstelle im Stadtgebiet.
 

Die weiteren, nicht separat aufgeführten Aufgaben und Zuständigkeiten einer kreisfreien Kommune, bedurften keiner gesonderten vertraglichen Regelung. Sie gehen mit dem Eintritt in die Kreisfreiheit ab dem 1. Januar 2026 vollumfänglich in die Verantwortung der Stadt Hanau über.

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