Dienstag, 23. April 2024
's BlättscheGeschichteAbschied von Lokalhistoriker Norbert Kemmerer

Abschied von Lokalhistoriker Norbert Kemmerer

Steinheimer Geschichtenerzähler verstarb im Alter von 84 Jahren

Er erzählte Steinheimer Geschichten und war mit der Geschichte Steinheims bestens vertraut. Jetzt trauert Steinheim um Norbert Kemmerer, den Lokalhistoriker, der im Geschichtsverein, im Förderverein Alte Pfarrkirche, im Pfarrgemeinderat und in vielen anderen Gruppen stets mitarbeitete und mit seinem Wissen zum Fortschritt Steinheims beitrug.

Neben Burkhard Huwe vom Geschichtsverein, dessen Text ‘s Blättsche bereits direkt nach dem Tod Kemmerers in der Rubrik “Neues aus Hanau und seinen Stadtteilen” veröffentlichte, schrieb nun auch der Steinheimer TV-Journalist Frank Lehmann einen ausführlichen Nachruf für den aktuellen Pfarrbrief “Gemeinde (Er)leben” und für den Förderverein Alte Pfarrkirche. Diesen Nachruf stellt Lehmann dem Regionalportal ‘s Blättsche mit seinen inzwischen mehr als 85.000 Besuchern zur Verfügung, um das Wirken von Norbert Kemmerer auch über die Grenzen Steinheims hinaus zu würdigen.

Zahlreiche Buchinhalte stammen aus der Feder von Steinheims Norbert Kemmerer. Bild: privat

„Einer der großen Steinheimer Geschichtenerzähler ist verstorben“, so Burkhard Huwe, Vorsitzender des Geschichtsvereins. In der Nacht zum 8. November verstarb nach schwerer Krankheit Norbert Kemmerer. Viele Jahre Vorsitzender des Geschichtsvereins und bekannt durch seine Lichtbildvorträge mit alten Steinheimer Postkarten und Lichtbildern.

Der Lokalhistoriker war gerne bei den Menschen und schrieb ihre Geschichten auf. Kemmerer wurde 1937 in Steinheim geboren und blieb bis zu seinem Tod seiner Heimatstadt treu. Als weltoffener Mensch und den Menschen zugetan, war er hoch geschätzt und unterstützte immer gerne die hiesigen Vereine. Huwe über Norbert Kemmerer: „Steinheimer Geschichte(n), das war sein Hobby und Leidenschaft“.

“Wenn er sich zu Wort meldete, wusste jeder…”

Wenn er sich zu Wort meldete oder wo auch immer in Steinheim er seine Stimme erhob, wusste jeder: Jetzt musst du zuhören. Jetzt kommt sicher was Interessantes, was du noch nicht weißt. Ja, Norbert Kemmerer konnte mit seinem breiten Wissen über Land und Leute, vor allem über sein geliebtes Steinheim Menschen fesseln und beeindrucken.

Anfang November ist der Hobbyhistoriker und große Geschichtenerzähler im Alter von 84 Jahren verstorben. Dass er eine echte Lücke hinterlässt, ist denen klar, die sich mit Steinheim, seiner Historie und seinen Menschen beschäftigen.

In zahlreichen Publikationen, von der „Pute Laura“ bis zu den „Steinheimer Geschichte(n)“ hat der bekennende Groß-Steinheimer lokale Besonderheiten beschrieben und historische Begebenheiten wie kein anderer festgehalten. Ohne ihn und den gelernten Historiker Dr. Leopold Imgram (1888-1970), Ehrenbürger von Steinheim und Bundesverdienstkreuzträger, wäre die Geschichte von Steinheim und seinen Bürgern nicht so reichhaltig und vielseitig dokumentiert worden.

Norbert Kemmerer war an sich „Techniker“, studierte an der TH Darmstadt Elektrotechnik, war dann als Dipl.-Ing. über 30 Jahre bei der deutschen Flugsicherung tätig und selbst begeisterter Hobby-Flieger. 1960 nach seinem krankheitsbedingten Berufsausstieg widmete er sich voll dem Stein- heimer Gemeinwesen, war jahrelang im Pfarrgemeinderat von St. Johann, Vorsitzender des Heimat und Geschichtsvereins und Gründungsmitglied des Fördervereins Alte Pfarrkirche (1997), später auch dessen Vorsitzender. Wegen seiner großen Verdienste um die alte Pfarrkirche, die er wie kein anderer von der Historie her kannte und bis in die kleinsten Ecken hinein erforschte, verlieh ihm der Verein 2012 die Ehrenmitgliedschaft, die bisher einzige.

“Norbert Kemmerer lebt weiter in seinen Publikationen, die an sich jeder Steinheimer in seinem Buchregal haben sollte.” schreibt Frank Lehmann.

Kemmerer war vor bald 25 Jahren Gründungsmitglied des Fördervereins Alte Pfarrkirche Steinheim, lange Jahre Vorsitzender und seit September 2012 Ehrenmitglied, das einzige bisher.

“Ja, wir haben Nobi viel zu verdanken!”

TV-Journalist Frank Lehmann, Steinheim

Wie hieß es damals in der Ehrenurkunde? „Groß ist sein Wissen und stark sein Engagement, gewürzt mit stets feinem Humor.“ Und weiter: „Wegen seiner herausragenden Verdienste um die Alte Pfarrkirche, seine akribische Forschung nach immer neuen Entdeckungen in diesem gotischen Kleinod und wegen seines langjährigen, sehr erfolgreichen Vorsitz verleiht der Förderverein Alte Pfarrkirche seinem Mitglied Norbert Kemmerer die Ehrenmitgliedschaft.“

Lehmann: “Ja, wir haben „Nobi“ viel zu verdanken. Seine Leidenschaft außerhalb des Berufs war, die Heimat zu erforschen, authentische Geschichten und Erzählungen zu sammeln und sie im Eigenverlag zu veröffentlichen.”

Und wie schrieb er in einem der beiden Bände Steinheimer Geschichte(n)? “Geschichte ist auch Geschichte von „unten“. Gleichwohl fallen die Entscheidungen „oben“. Indes, ohne „unten“ würden sie nicht anfallen oder wären sinnlos. In den Geschichtsbüchern lesen wir nichts von der Erlebniswelt des Einzelnen, des Machtlosen, des Ohnmächtigen. Diesem Anspruch soll und kann das Buch nicht gerecht werden. Dennoch, einzelne
Mosaiksteinchen aus dem vergangenen Alltag lehren uns die Verknüpfung der Entscheidungen von „oben“ mit dem, was sich „unten“ abspielte.“

Hobbyhistoriker Kemmerer kümmerte sich nicht nur um „alte“ Steinheimer Geschichte und die der Alten Pfarrkirche, sondern auch und gerade um Krieg und Gefangenschaft, Flucht und Vertreibung. Dazu ermunterte er beharrlich und ließ Mitbürger zu Wort kommen, die auf diese Weise gleichzeitig ihre eigene Vergangenheit aufarbeiteten und sie der Nachwelt hinterlassen.

Noch mal Kemmerer im Vorwort zum Band “In der Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegszeit”: „Die Geschichte von unten steht in keinem Geschichtsbuch. Sie führt uns so viele schreckliche Beispiele vor Augen, die wir mit Entsetzen zur Kenntnis nehmen müssen……..Elend , Not und
Unterdrückung dürfen nicht wieder kommen, Egoismus darf nicht vorherrschen. Wir müssen die Voraussetzungen schaffen, die das verhindern, nicht nur in unserem Teil der Welt. Es ist unsere christliche Kultur, die uns die Grundlagen und Regeln dafür bietet. Vor dem Zeitgeist müssen wir uns hüten.“

“Danke, Norbert, dass Du uns in vielem die Augen geöffnet hast, auch über den Tellerrand Deiner geliebten Steinheimer Heimat hinaus.” schreibt Frank Lehmann abschließend in seinem Nachruf.

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