Donnerstag, 25. April 2024
's BlättscheFreizeitNichts Neues für die Jugend?!

Nichts Neues für die Jugend?!

Gedanken zur Situation in Klein-Auheim und Steinheim

Die Jugendarbeit im Stadtteil Klein-Auheim soll 2022 weiter ausgebaut werden.

So heißt zumindest die aktuelle Pressemitteilung der Stadt Hanau nach dem Stadtteiltreffen. Dort beichtete Bürgermeister Axel Weiss-Thiel (SPD) bereits, dass sich im Vergleich zu den Vorjahren für die Jugend nichts verändert habe, und er kündigte den Ausbau der Kooperation der Stadt Hanau mit den evangelischen Kirchengemeinden Klein-Auheim und Steinheim an.

Ab 2022 soll nun also der Steinheimer Gemeindepädagoge Michael Kirchmann auch die Jugendarbeit in Klein-Auheim weiter voranbringen, eine Stellenaufstockung sei geplant. Die Kirchengemeinden würden in beiden Stadtteilen Räumlichkeiten und Außengelände zur Verfügung stellen.

Doch wie sieht es mit der Verantwortung der Stadt Hanau selbst aus? Die Dringlichkeit von interessanten und niedrigschwelligen Angeboten für Jugendliche – betreut von Fachkräften aus dem sozialen und psychologischen Bereich – sollte hinlänglich erkannt worden sein.

Seit der Kommunalwahl ist einige Zeit vergangen. Die desolate Sitation für die Teenager der beiden Stadtteile ist grundsätzlich nicht neu und seit Jahren immer wieder ein Anliegen der Bürger – über ihre gewählten Vertreter – an den Magistrat der Stadt. Ein Ortsbeirat kann aber weder Entscheidungen treffen noch Gelder bewilligen.

Die Pandemie hat die Themen noch einmal verstärkt. Es gibt mittlerweile genug Studien zu hieraus resultierenden, psychischen Problematiken bei Kindern und Jugendlichen, nicht nur über die aus sogenannten problematischen Verhältnissen. Generell gilt es, den Fokus auf Prävention und Integration zu verstärken.

Das Mainufer ist ganz nett, da gibt es wenigstens Bänke zum sitzen. Im Winter ist das aber viel zu kalt. Außerdem ist es früh dunkel und die wege sind schlecht oder gar nicht beleuchtet. da habe ich angst, und meine freundinnen auch.

Anna*, 17 Jahre, im ‘s Blättsche Online-Interview

Bereits vor der Kommunalwahl im Frühjahr 2021 war dies sowohl für die Jugendlichen aus beiden Stadtteilen (siehe Artikel Quo vadis?) als auch für die volljährigen Erstwähler eines der wichtigsten Anliegen in den Online-Interviews mit der ‘s Blättsche Redaktion.

Fehlende Jugendtreffs, keine offenen Räume und auch kein offizielles Gelände, um sich einfach locker mit anderen Jugendlichen treffen zu können. Eine schnelle Lösung zu den fehlenden Jugendzentren in den beiden Stadtteilen, das wünschten sich damals einmütig alle.

Unsere Interviewpartner aus Klein-Auheim und Steinheim waren sich einig: es wäre schön, wenn sie auch im Herbst und Winter ein Dach über dem Kopf hätten, außer der Brücke an der Skateranlage. Sie wünschten sich einen gemeinsamen Ort, an dem sie willkommen sind und einfach mal so sein dürfen, wie es in dem Alter zwischen 13 und 18 Jahren eben typisch ist. Auch wenn sie selbst “davon nichts mehr haben werden” (Zitat Isabell*), für ihre jüngeren Geschwister oder Freunde wäre dies auf jeden Fall ein Fortschritt.

Die Stadt setzte bereits nach Schließung des städtischen Jugendzentrums “Schlachthof” an der Fasaneriestraße in Klein-Auheim im Jahr 2014 auf den Ausbau der Zusammenarbeit mit der evangelischen Kirchengemeinde in Steinheim.

Auf der Homepage der evangelischen Gemeinde kann man Angebote für Konfirmanden, Jugendkreuzwege oder Posaunenchor nachlesen, ein offener Treff oder andere Veranstaltungen für Jugendliche sucht man (noch?) vergeblich. Ist ein Teenager nicht durch die Familie in der Kirchengemeinde verwurzelt, oder die beste Freundin in der Gruppenstunde, findet dieser den Weg dorthin vermutlich eher weniger.

Ist also der geplante Ausbau tatsächlich ausreichend? Wie soll dieser genau gestaltet werden? Wie steht es eigentlich um die städtische Jugendarbeit, gäbe es die Kirchengemeinden und weitere Engagierte aus Ehrenamt der Vereine nicht? Nimmt die Stadt hier ausreichend ihre Verantwortung wahr? Reichen die Angebote der Kirchengemeinden tatsächlich aus, sprechen diese den Großteil der Jugendlichen aus Klein-Auheim und Steinheim an? Das sind Fragen, die an Aktualität nichts verloren haben.

Die Räume Brauchen wir derzeit nicht. Wenn sie vertrauensvolle Jugendliche kennen, können sie den Schlüssel haben

Martin Bieberle – Leiter des Bereiches Planen, Bauen, Umwelt der Stadt Hanau – im Gespräch mit Klein-Auheims Ortsvorsteher Sascha Feldes im Sommer 2021

Das städtische Jugendzentrum Klein-Auheim gab es nur für eine kurze Zeit: 2012 eröffnet und bereits 2014 wieder geschlossen wurde der bereits genannte Jugendtreff.

Betreut von Sozialarbeitern der Stadt Hanau wurde das Angebot “Schlachthof” von den Jugendlichen angenommen – und nach Sparvorgaben bereits zwei Jahre später wieder geschlossen. Die Idee eines mobilen Jugendzentrums aus 2016 , ein Kleinbus, wurde aus Etatgründen nicht verwirklicht.

Der “Schlachthof” wird aktuell von der Eugen-Kaiser-Schule (Fasaneriestraße) als Ausweichraum genutzt, außerdem gibt es dort noch einen Lagerraum der Familien- und Jugendarbeit. Unklar bleibe, so Weiss-Thiel zu diesem Thema, ob der “Schlachthof” wieder genutzt werden könne, da die Stadt diese Immobilie wegen Raummangels weiterhin für die Arbeit von Kindertagesstätten und Eugen-Kaiser-Berufsschule im Stadtteil zur Verfügung stelle. Im Klartext: Eine “Reaktivierung” der Räumlichkeiten für einen städtischen Jugendclub scheint hier ausgeschlossen.

Wie sieht es also mit weiteren, möglichen Räumlichkeiten aus? Kann man nicht andere Räume, entweder als Ausweich- und Lagerräume oder als offenen Jugendtreff, seitens der Stadt zur Verfügung stellen?

Wiederholt werden bei solchen Überlegungen zwei weitere, vorhandene (leere) Gebäude genannt: das ehemalige Vereinsheim des Schützenvereins SV Diana und die frühere Verwaltungsstelle der Stadt Hanau, beides in der Schulstraße in Klein-Auheim.

Könnte hier nicht wenigstens etwas für Jugendliche entstehen, in Eigenverantwortung, selbstverwaltet, wenn man beispielsweise kein Budget für städtische Sozialarbeiter hat?

Kann man dies jungen Menschen anvertrauen, dass diese sich gut darum kümmern, nicht randalieren oder ähnliches? Laut der aktuellen Pressemitteilung der Stadt gab es in Bezug auf Jugendliche, die sich an unterschiedlichen Stellen in Klein-Auheim treffen, auch in dieser Periode keine “größeren bekannten Vorkommnisse”.

Was spricht also gegen eine pragmatische, schnelle Lösung, bei der man der Jugend einfach mal vertraut, dass sie sich über diese Möglichkeit freuen und natürlich auch entsprechend darauf achten würden, dass sich keiner daneben benimmt?

gefahr für Vandalismus besteht immer, aber Vertrauen in die Jugendlichen, und für einen Versuch, kann man doch mal haben. Ich bin gespannt, ob es beim Thema Jugendtreff auch 25 Jahre, wie bei der Verwirklichung des Altenheimes, dauern wird.

Klein-Auheims Ortsvorsteher Sascha Feldes

Martin Bieberle zumindest, Leiter des Bereiches Planen, Bauen und Umwelt der Stadt Hanau, zeigte sich dieser Idee noch diesen Sommer, in einem Gespräch mit dem Ortsbeirat, nicht völlig abgeneigt.

Bürgermeister Weiss-Thiel hingegen teilt die Ansicht des Stadtentwicklers wohl nicht, und weist im Rahmen des Stadtteiltreffens auf die Frage nach der Verantwortlichkeit hin.

Außerdem gäbe es zukünftig Herrn Kirchmann, der für die beiden Kirchengemeinden das Angebot für Jugendliche ausbauen soll. Laut Pressemitteilung ist aufgrund der künftig benötigten Raumbedarfe vor dem Hintergrund der Kreisfreiheit derzeit noch nicht final über die weitere Nutzung der ehemaligen Verwaltungsstelle in Klein-Auheim sowie des Vereinsheims Diana entschieden worden. Ein Verkauf der Immobilie werde im Moment nicht in Erwägung gezogen.

Ob der aktuell geplante Ausbau der Jugendarbeit ausreicht und als niedrigschwelliges Angebot für alle Klein-Auheimer und Steinheimer Jugendlichen wahrgenommen wird, ist fraglich. Wird die zukünftig kreisfreie Stadt Hanau damit ihrem eigenen Anspruch als “Soziale Stadt – Sozialer Zusammenhalt” gerecht?

Mit dem Städtebauförderungsprogramm “Soziale Stadt” unterstützen Bund und Länder seit 1999 Städte und Gemeinden bei der Aufwertung von Stadtteilen und Quartieren mit besonderem Entwicklungsbedarf. Das bedeutet Investitionen in Wohnumfeld, öffentliche Einrichtungen, Grünanlagen und Plätze.

Ziel ist es, die Wohn- und Aufenthaltsqualität in Städten und die Chancen der Bewohner auf Teilhabe und Integration zu verbessern. In Hanau betrifft dies aktuell die Quartiere Hafentor, Freigerichtviertel und die südliche Innenstadt.

Folgende Verbesserungen für Klein-Auheim und Steinheim gibt es nicht: Ein vom Ortsbeirat angeregter Basketballkorb, beispielsweise an der Skateranlage oder rechts des Dammes vor der Großauheimer Brücke, wurde nach Prüfung seitens der Wasserwirtschaftsverwaltung (Regierungspräsidium Darmstadt) abgelehnt.

Auch eine bessere Beleuchtung des Fuß- und Radwegs auf dem Maindamm (rund 30 Solarlampen zwischen Lidl-Markt und Auheimer Brücke) sei zwar grundsätzlich möglich, so Stadtrat Thomas Morlock (FDP) mit Blick auf einen entsprechenden Ortsbeiratsbeschluss. Die nötigen rund 210.000 Euro dafür stünden aber nicht zur Verfügung.

Quelle Interviews: * anonymisiert, Namen der Redaktion bekannt


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